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Schwellköpp an Rosenmontag
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Fünfte Jahreszeit in Mainz

Die Mainzer Fastnacht ist das Mainzer Volksfest, die berühmte fünfte Jahreszeit. Fastnacht, das sind tolle Tage und durchjubelte Nächte.

Fastnacht in Mainz ist aber auch ein Stück Stadtgeschichte, ein kulturgeschichtliches Phänomen, das durch die bekannte Fernsehsendung "Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht" die närrische Hochburg weit über die lokalen Grenzen hinaus bekannt gemacht hat.

Wichtige Termine der Kampagne

Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Daten der fünften Jahreszeit in Mainz. Aktuelle närrische Termine der jeweiligen Kampagne, beispielsweise Sitzungen, närrische Weinproben oder Fastnachtsparties finden Sie in unserem Veranstaltungskalender.

11. November

Schon vor dem offiziellen Beginn der neuen Kampagne, treffen sich Närrinnen und Narrhallesen an einem typisch närrischem Datum: Am 11.11. um 11.11 Uhr erklingt vor dem Osteiner Hof auf dem Schillerplatz ein dreifach donnerndes HELAU zu den Klängen des Narrhallamarschs.

1. Januar

Richtig startet die Kampagne dann am 1. Januar mit dem Neujahrsumzug der Garden durch die Mainzer Innenstadt. Von nun an finden an allen Wochenenden bis zum Aschermittwoch Sitzungen der Narren in Schloss, Rheingoldhalle und anderen Veranstaltungsräumen statt. Hier hat die volle Stunde ihre Geltung verloren, nur elf nach Ganz darf eine Sitzung beginnen und der Elferrat einziehen in Glanz und Pracht des festlich geschmückten Saals.

Jugendmaskenzug

Der größte Jugendmaskenzug Europas lockt an einem Samstag kurz vor Fastnacht in die Mainzer Innenstadt.

Altweiberfastnacht

Die Altweiberfastnacht wird am Donnerstag vor Rosenmontag am Fastnachtsbrunnen eröffnet.

Fastnachtssonntag

Wer schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf den Rosenmontagszug genießen möchte, sollte sonntags die Parade der närrischen Garden durch die Innenstadt (ab 11:11 Uhr) und die Ausstellung der Motivwagen nicht versäumen.

Dass auch die Mainzer Stadtteile beim Fastnachtsfeiern kräftig mitmischen, versteht sich von selbst. In mehreren Stadtteilen finden an den tollen Tagen Straßenumzüge statt (Übersicht siehe unten: Stadtteilumzüge).

Rosenmontag

Höhepunkt jeder Kampagne ist der Rosenmontag. Ganz Mainz ist auf den Beinen und verwandelt die Innenstadt in ein farbenfrohes Meer. Der Rosenmontagszug, mit seinen politischen Motivwagen, Schwellköppen, Musikzügen, Fahnenträgern und Garden bahnt sich seinen Weg entlang der feiernden Menge.

Fastnachtsdienstag

Abgerundet wird das närrische Treiben am Fastnachtsdienstag mit der Kappenfahrt. Die Korporationen laden für 15.11 Uhr zur Kappenfahrt, einem närrischen Korso in Cabrios durch die Stadt.
Und beenden damit die Straßenfastnacht.

Aschermittwoch

In einem stimmungsvollen Ausklang wird die Fastnacht am Aschermittwoch in der Altstadt und in vielen Mainzer Kneipen bis zum nächsten Kampagnen-Auftakt verabschiedet und "beerdigt".

Fastnachts-Partys

Mainzer Fastnacht bedeutet ausgelassene Stimmung auf den Straßen und Umzügen, in den Zelten auf der Ludwigsstraße und dem Tritonplatz sowie natürlich auch in den Kneipen und Veranstaltungsräumen. Nahezu alle Kneipen und Cafés der Mainzer Alt- und Innenstadt schmeißen reißende Partys während der tollen Tage am Fastnachtswochenende und nach dem Rosenmontagszug. Bei der Rosenmondnacht auf der Ludwigsstraße feiert die bunte Schar zwischen den beiden "Narrentürmen", die die Straße beschallen. Einfach vorbeischauen und mitfeiern.

Stadtteilumzüge

In vielen Mainzer Stadtteilen laden Umzüge an die Straßenränder ein. Den Auftakt machen in der Regel der Kindermaskenzug Hechtsheim und der Närrische Umzug Gonsenheim am Fastnachtsfreitag und -samstag. Einen Tag später folgt der größte der Mainzer Stadtteilumzüge - der Zug der Finther Lebensfreude. Ebenfalls am Fastnachtssonntag findet der Umzug in Bretzenheim statt. Am Fastnachtsdienstag schließen der Draiser Umzug und der Mombacher Schissmelle-Dienstags-Umzug das närrische Treiben auf der Straße ab.

Fastnachtsposse

Zur fünften Jahreszeit bringen der MCV und das Staatstheater Mainz die Fastnachtsposse auf die Bühne. Die Narrenstücke, die häufig aus der Feder bekannter Mainzer Bürger stammen, werden mehrere Male auf die Bühne des Großen Hauses gebracht.

Tribünentickets an Rosenmontag

Erleben Sie den berühmten Mainzer Rosenmontagsumzug dieses Jahr mal anders. Seien Sie auf der Tribüne am Gutenbergplatz live dabei, wenn die spektakulären Wagen und die bekannten Schwellköpp an Ihnen vorbei ziehen. Genießen Sie den besten Ausblick auf das närrische Geschehen und sind hautnah dabei. HELAU!

Närrisches Grundgesetz der Mainzer Fastnacht

Auftakt der Kampagne ist traditionell am 11. November. Das närrische Grundgesetz wird verkündet und auf dem Schillerplatz spielen die Fastnachtsgarden im Takt des berühmten Narrhalla-Marsches das Ritzamba.

Präambel

Unsere goldige Mainzer Fastnacht soll für alle nachfolgenden Generationen und für alle vorausgegangenen Generationen als das schönste, größte und auch älteste Volksfest erhalten bleiben. - Wer an Fastnacht Feste feiert, der darf auch feste arbeiten.

Artikel 1

Die Würde eines jeden Narren ist unantastbar. Jeder Mainzer Bürger ist zur Erhaltung der Narrenfreiheit aufgerufen. Alle, auch unsere Beamten, die Behörden und natürlich auch die Stadtverwaltung haben das närrische Treiben zu erdulden. Denn die Fastnachter lassen sich für ihre Narrheiten nicht bezahlen.

Artikel 2

Alle Narren sind gleich, ob Gardist oder Feldmarschall, ob Präsident oder Büttenschieber. Denn es ist ja nur ein Spiel, das zur fünften Jahreszeit aufgeführt wird. Doch auch bei einem Spiel hat jeder seine Pflichten. Es soll niemand wegen Humormangel benachteiligt oder wegen seiner Wichtigtuerei bevorzugt werden.

Artikel 3

Jeder Narr ist frei. Aber die Freiheit endet dort, wo des anderen Narren Freiheit beginnt. Die Narren wollen miteinander und nicht gegeneinander feiern.

Artikel 4

Jeder Narr und jede Närrin sollen ihre Fröhlichkeit nicht im Alkohol, sondern im gemeinsamen erleben finden. Gelobt sei jeder Narr, der auch im nüchternen Zustand närrisch ist. - Prost!

Artikel 5

Alle Gardisten, Büttenredner, Fahnenschwenker, Komiteeter, Schellkopfträger, Fastnachtssänger, Liederdichter, Ballettmädchen, Scheierborzeler und Schnorrer stehen unter dem Kommando des Prinzen Karneval im Namen von Gott Jokus. Hierüber wacht das kritische Mainzer Volk durch regen Besuch der Sitzungen, der Bälle, der närrischen Umzüge und der Straßenfastnacht.

Artikel 6

Alle geborenen und alle gelernten Mainzer sollen sich während der närrischen Tage kostümieren und närrisch geben, auf dass die Tradition erhalten bleibt. Die Narrenflagge, mit der wir unsere Fenster und Straßen schmücken, ist rot-weiß-blau-gelb.

Artikel 7

Die Fastnachtsvereine, ob Garden oder Korporationen müssen unsere Fastnacht gegen Mucker und Philister schützen und dafür sorgen, dass die Narren dem Volk auf's Maul schauen und des Volkes Meinung kundtun.

Artikel 8

Das Nationalgericht ist „Weck - Worscht - Woi". Denn Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Wir lassen uns auch das beste Essen nicht zweimal durch den Kopf gehen. Und wir trinken nicht mehr als unser Portemonnaie verträgt. - Gott Jokus ist unser Leber gnädig.

Artikel 9

Der närrische Gruß vom 1. Januar bis zum Aschermittwoch heißt „Helau". Er ist möglichst oft und laut zu rufen oder zu singen.

Artikel 10

Von Neujahr bis zum Aschermittwoch können alle Mainzerinnen und Mainzer zu närrischen Diensten verpflichtet werden. Wer den Einsatz an Konfettikanonen oder Holzgewehren aus Gewissensgründen verweigert, kann einen Ersatzdienst als Büttenredner oder Sänger leisten, soweit dies dem Volk zuzumuten ist.

Artikel 11

Wir wollen uns nicht zu ernst nehmen. Denn jeder von uns ist nur ein kleiner Teil unserer Fastnacht. Miteinander wollen wir fröhlich sein. Es lebe die Fastnacht.

(von H. Schenk - überarbeitet von C. v. Opel)
Gegeben zu Mainz, den 11. November 2000

Ursprünge der Mainzer Fastnacht

Die Anfänge

Es lässt sich nicht genau bestimmen, wie lange die Tradition der Mainzer Fastnacht in der Mainzer Geschichte zurückreicht. Bereits im 16. Jahrhundert sind närrische Umtriebe belegt. Erst im 19. Jahrhundert gründeten sich dann die ersten Fastnachtsvereine in Mainz.

1837 organisierte der Kaufmann Nikolaus Krieger den "Krähwinkler Landsturm", einen bunten Zug von Narren. An diesem Vorläufer des heutigen Rosenmontagszuges beteiligte sich auch eine 15-köpfige närrische Bürgerwehr, die Urmannschaft der vom Mainzer Großkaufmann Johann Kertell ins Leben gerufenen Mainzer Ranzengarde. Die eigentliche Gründung eines Ranzengardebataillons, bei deren Uniform angeblich Füsiliere des letzten Mainzer Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal Pate standen, fand noch im selben Jahr statt.

1838 übernahm die Ranzengarde den "militärischen" Schutz der ersten Sitzungen des gerade gegründeten MCV und verstand sich in der Folge auch als Leibgarde des Prinzen Carneval. Das närrische Zeremoniell schreibt vor, dass jeder Ranzengardist mindestens zwei Zentner brutto wiegen oder einen Leibesumfang von sechs Fuß aufweisen muss - eine Parodie auf die langen Kerls des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm. Den dicken Bäuchen - den "Ranze" - verdankt die Garde ihren Namen.

Mit der Gründung des Mainzer Carnevalsvereins (MCV) 1838 und der Genehmigung seiner Statuten durch die hessische Provinzialregierung sollte dem „bisherigen karnevalistischen Wildwuchs auf Straßen, in Ballsälen unter Masken und Vermummungen durch Ordnung, veranstaltete Form und ästhetische Gestaltung" ein kontrollierbarer Rahmen gegeben werden.


Das Grundprinzip des nun durch den Mainzer Carnevalverein organisierten Fastnachtsumzuges sollte die Verbreitung von „Frohsinn und Wohltun" sein.

Allerdings war nicht vorauszusehen, dass sich diese Frohsinnsvereinigung politischer Themen bemächtigen würde. Bei den ersten Rosenmontagszügen feierte man die Vermählung zwischen König Carneval und der Jungfrau Moguntia oder die Geburt des Hanswurst aus einer riesigen Weinflasche auf dem Marktplatz.

Bereits im Gründungsjahr 1838 bereiteten die Fastnachtsposse und zahlreiche Sitzungen nach dem Vorbild des Kölner Karnevals die tollen Tage vor. Ebenso gehörte von Anfang an die Theaterposse und die Kappenfahrt am Fastnachtsdienstag zu den wichtigen Elementen des närrischen Treibens, die heute noch die moderne Fastnacht bestimmen.

Der organisierte Rosenmontagszug war eine Persiflage bestehender Verhältnisse. Berittene Herolde eröffneten den Zug gefolgt von Fahnen- und Standartenträgern sowie der Ranzengarde in neuen Uniformen mit ausgestopften Bäuchen und langen Zöpfen. Den Höhepunkt des Rosenmontagszuges bildete das Spektakel um den närrischen Helden mit Staatskarosse und Hofstaat auf dem Markt, wo der Zug seinen Abschluss fand.

Politische Fastnacht

Der politisch engagierte MCV-Präsident und spätere Abgeordnete der Paulskirche Franz Zitz sowie der Demokrat Philipp Wittmann übten nicht unwesentlichen Einfluss auf die Wahl der Fastnachtsmottos aus.

Die im Vormärz vorherrschende Diskussion um die Einschränkung der Pressefreiheit wurde auch in Sitzungen und beim Rosenmontagszug thematisiert, die ab 1842 im neuen Saal des Frankfurter Hofs stattfanden. Als deutliches Zeichen ihrer Kritik steckten sie im Jahre 1846 symbolisch die als Denkmal verpackte Zensur vor dem Theater in Brand.

Die Politisierung des Mainzer Karnevals wurde zudem in den vierziger Jahren durch die Herausgabe der Fastnachtszeitungen „Narrhalla" und die „Neue Mainzer Narrenzeitung" verstärkt.
Das war die Geburtsstunde der spezifischen politisch-literarischen Mainzer Fastnacht.

Die Mainzer Fastnacht entwickelte sich immer mehr zum Spiegel der Gesellschaft und der politischen Ereignisse, aber auch der Mainzer Lebensart. Als sie finanziell immer aufwendiger wurde, zahlte die Stadt Mainz Zuschüsse, da der MCV die Kosten allein nicht mehr aufbringen konnte. Bis dahin wurden die Kosten für die Veranstaltung allein durch Einnahmen bei Fastnachtssitzungen und durch Spenden bestritten. 1950 konnten erstmals durch den Verkauf von 100.000 Zugplaketten zusätzliche Summen für den Fastnachtszug erzielt werden.

Während des Dritten Reiches bot die Fastnacht einigen wenigen couragierten Persönlichkeiten zumindest ansatzweise ein Forum, auf elegante, hintergründige Weise zwischen den Zeilen ihrer Büttenreden auch Kritik am Regime der Nationalsozialisten zu üben.

Zu den herausragenden Vertretern dieser politisch-literarischen Fastnacht zählten Seppel Glückert und Martin Mundo, dies soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass der größte Teil der Büttenreden eher unpolitisch beziehungsweise regimtreue Züge trug und von den Nationalsozialisten als geeignetes Werkzeug für ihre staatliche Propaganda missbraucht werden konnte. So sind auf verschiedenen Rosenmontagszügen auch Motivwagen mit eindeutig antisemitischer, rassistischer Aussage belegt.

Neue Fastnachtsvereine

Neben der Mainzer Ranzengarde und dem Mainzer Carneval Verein konnten lange Zeit keine weiteren Vereine in gleicher Sache bestehen. Erst in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden vor allem in den Mainzer Vororten viele neue Vereine:

  • 1886 die Mombacher Bohnebeitel
  • 1892 die Gonsenheimer Schnorreswackler
  • 1893 die Eiskalten Brüder

Im gleichen Atemzug wurden neue Garden aus der Taufe gehoben:

  • 1856 die Mainzer Kleppergarde
  • 1857 die Haubinger
  • 1877 die Kleppergarde Gonsenheim
  • 1884 die Mainzer Prinzengarde
  • 1886 die Garde der Prinzessin sowie die Mombacher Prinzengarde
  • 1889 die Jocusgarde in Kastel
  • 1899 der Mainzer Carneval Club (MCC)

Alle genannten Garden prägen noch heute die Fastnachtsszene in Mainz.

1899 schlug die Geburtsstunde des Mainzer Carneval-Clubs (MCC), aus dessen Reihen bekannte Persönlichkeiten wie Martin Mundo hervorgehen sollten. Zentrum des MCC war der Schöfferhof in der Schusterstraße.

Sie gaben mehrmals jährlich die Narrenzeitung „Narrhalla" heraus, in denen die Büttenreden und Liedtexte aus den Sitzungen abgedruckt wurden. Der MCV hatte die neu errichtete Stadthalle am Rheinufer für seine Fastnachtsfeierlichkeiten erobert, die fortan für die kommenden 50 Jahre den Mainzern als die „gut Stubb" dienen sollte.

Soziales Engagement des Mainzer Carneval Vereins

Trotz der geringen öffentlichen Zuschüsse hatte der MCV es sich zur Aufgabe gemacht, mit seinen Einnahmen finanziell benachteiligte oder durch Katastrophenfälle betroffene Bürger zu unterstützen.

So spendeten die Mitglieder 1844 hohe Summen an den Zentral-Armenfonds und 1845 an die Betroffenen einer Überschwemmung. Ebenso ließen sie als Reaktion auf politische Ereignisse die Karnevalsveranstaltungen mehrfach ausfallen wie beispielsweise 1847 wegen der Hungersnot und 1857 wegen der Pulverturmexplosion.

Auch in den Wirren des Wiederaufbaus und der schlechten Versorgungssituation nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sich bereits 1946 wieder rasch Fastnachtsbegeisterte zu Sitzungen ein.

Für die Fastnachtskampagne 1947 wählte der MCC bezeichnenderweise das Motto „Humor ist, wenn man trotzdem lacht", mit denen sie der schwierigen Lebenssituation trotzten.

Selbst in dieser Zeit verloren sie ihr soziales Engagement nicht aus den Augen. So widmete der MCV den evakuierten Mainzern und der MCC dem „Verband der Kriegsopfer und Hinterbliebenen" eigene Sondersitzungen.

Fastnacht und Fremdenverkehr

Bereits der Provinzialkommissar von Lichtenberg erkannte in der Institutionalisierung der Fastnacht einen nicht unerheblichen touristischen Zugewinn für die Stadt. Lichtenberg entsprach dem Gesuch der Petenten 1838 umgehend, u.a. mit der Begründung, „die projektierte Faschings-Belustigung [wird] in jeder Beziehung zum Vorteil der Stadt gereichen, indem nicht nur die schmutzigen Straßenmasken dadurch entfernt gehalten werden, sondern auch wohl viele Fremde angezogen werden, die nicht unbedeutende Summen hier zurücklassen möchten".

Die Mainzer Fastnacht entwickelte sich stetig zum Publikumsmagneten und kurbelte während der tollen Tage regelrecht den Tourismus an. Durch den Ausbau des Schienennetzes konnte in den 1860er-Jahren erfolgreich in den Nachbarstädten von Mainz geworben werden. Spezielle Sonderzüge wurden eingesetzt und Besucher der Mainzer Fastnacht erhielten einen besonderen Rabatt auf ihre Fahrkarten. Allein im Jahr 1873 transportierte die Hessische Ludwigsbahn 26.000 Fremde in die närrische Hochburg. Im Jahr 1938 wurden erstmals mehr als 300.000 Besucher gezählt. Mit 3.000 Teilnehmern auf fast 40 Motivwagen verteilt auf neun Kilometer Länge war es der größte närrische Aufmarsch, bevor das närrische Treiben während des Krieges für zwölf Jahre unterbrochen wurde.

Als glänzende Werbung für die Stadt Mainz galt die vom Südwestfunk ins Fernsehen übertragene Fastnachtssitzung 1955 unter dem Motto „Mainz wie es singt und lacht". In den Folgejahren führten die Übertragungen zu unschlagbaren Einschaltquoten sowie die ab 1965 von dem nun in Mainz ansässigen ZDF ausgestrahlten Sendungen „Mainz bleibt Mainz". Die Interpreten auf der Bühne mit ihren Büttenreden wie Willi Scheu und Herbert Bonewitz sowie der singende Dachdeckermeister Ernst Neger, die Mainzer Hofsänger und Margit Sponheimer wurden zu regelrechten Stars und ließen Schunkellieder zum allgemeinen Liedgut werden.

Mainzer Fastnacht heute

Die Mainzer Fastnacht nimmt als „fünfte Jahreszeit" einen bedeutenden Platz im Festkalender der Stadt Mainz ein. Eingeleitet wird die Saison mit der alljährlich stattfindenden Verlesung der elf Fastnachtsgesetze durch den Oberbürgermeister vom Balkon des Osteiner Hofes am 11.11. um 11:11 Uhr.

Die Fastnachtssitzungen beginnen erst nach dem Umzug der Narren am Neujahrstag und steigern sich bis zum Rosenmontagszug. Noch heute gelten die Ausgelassenheit und Feierfreude der Mainzer als charakteristische Eigenschaften, die nicht nur beim närrischen Treiben zum Ausdruck kommen.

Wahrzeichen der Mainzer Fastnacht

Beliebter Treffpunkt während des ganzen Jahres ist der Fastnachtsbrunnen am Schillerplatz. Der Münchner Künstler Blasius Spreng schuf ihn 1967. Rund 200 Figuren aus Bronze, die die Mainzer Fastnacht und die Stadtgeschichte spiegeln, beleben den 9 Meter hohen Turm. Darunter berühmte Symbole wie der Bajazz mit der Laterne, Gott Jokus, Till Eulenspiegel, Vater Rhein und Tochter Mosel, der Narrenhimmel, römische Legionäre. Bei jedem Besuch entdecken die Besucher neue Elemente. 

Literatur

Schütz, Friedrich in: Mainz. Die Geschichte der Stadt Mainz, Hrsg. Franz Dumont, Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz; Mainz, 1998, S. 809-834

Keim, Anton Maria in: Mainzer "Sitzungen". 150 Jahre Mainzer Saalfastnacht, Hrsg. Stadt Mainz, Mainz, 1987, S. 14-22

Kepplinger, Philipp, Unsere Fachstnachtszüge und ihre Zugleitung 1838-1995, Mainz, 1994

Bürgerfest und Zeitkritik. 150 Jahre Mainzer Fastnacht. 150 Jahre Mainzer Carneval-Verein 1838-1988, Hrsg. Mainzer Carnevalverein, Mainz, 1987

Hans-Jörg Jakobi: Geheimnis Fastnachtsbrunnen, Edition Erasmus 1999 (oder 1998).

Bildergalerie

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