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, 20:00 Uhr, Einlass: 19:30 Uhr

Bipolar Feminin - „Ein fragiles System“-Tour (Teil 2)

© Apollonia Bitzan
© Apollonia Bitzan

Als Bipolar Feminin vergangenes Jahr mit Piccolo Family ihre erste EP veröffentlichten, klang das wie ein Schrei der Ermächtigung. Inzwischen haben sie sich durch ihre mitreißenden Live-Gigs eine leidenschaftliche Anhänger*innenschaft erspielt, sind so tatsächlich zu einer Art Macht geworden. „Wir spüren jetzt eine andere Form von Verantwortung“, sagt die Band, „Durch die veränderte Reichweite ist es für uns wichtiger geworden, uns intensiver mit der Musik und dem Texten auseinanderzusetzen. Die Arbeit ist bewusster und reflektierter geworden. Ein immer fortlaufender Prozess.“ Um dabei nicht im eigenen Saft zu braten, haben Frontfrau Leni Ulrich, Jakob Brejcha (Gitarre), Samuel Reisenbichler (Schlagzeug) und Max Ulrich (Bass) sich mit Produzent FAZO666FAZO (u.a. Drummer bei Baits und solo als DEATHDEATHDEATH) zusammengetan. Das Resultat, ihr beim Hamburger Label Buback Tonträger erscheinendes Debüt-Album Ein fragiles System, enthält zehn hochgradig mitsingbare Konfrontationen mit der Bipolarität von Wut und Liebe – ein eindringlicher Beleg, dass Rockmusik auch 2023 noch genau so relevant ist wie der in ihr vermittelte Gehalt. Alles beginnt mit dem mantrischen Text von „Wie es ist“, in dem sich gleich der Albumtitel erklärt: „Das ist ein fragiles System / Nicht auszudenken, hier was zu drehen / Nichts ist austauschbar / Es ist, wie es ist, wie es war / Aus denselben Gewässern schöpfen / Jeder Raum wird sich einverleibt / Geöffnet wird nur durch das Köpfen / Es ist, wie es ist, wie es
bleibt.“ Das darauf folgende „Mami“ erkundet die Widersprüche der individuellen Verstricktheit in ebenjenes System: „Täglich tu ich meine Pflicht.“ Der Song „handelt nicht von der eigenen Mutter“, stellt Leni Ulrich klar, „vielmehr von Personen, die sich selbst aufopfern, Sicherheit in der Regelmäßigkeit des Alltags finden, die in unterschiedlichen Gefügen eine Rolle einnehmen und dadurch oft als 'mütterlich' bezeichnet werden. Damit verbunden die fehlende Wertschätzung und die Selbstverständlichkeit überbordender Selbstaufopferung. Ein Phänomen, das vor allem Frauen betrifft.“

Teile davon, sagt sie, finde sie auch in sich selbst wieder, obwohl sie gleichzeitig in ihrer Performance die Rächerin am Patriarchat verkörpert. Diesmal allerdings nicht per Bauchstich wie zuvor in „süß lächelnd“, sondern subtiler, wenn sie etwa in „Matrose“ einen Schuft dem todbringenden Seemannsfluch der an einer Kerze angezündeten Zigarette ausliefert. Oder einfach verbal in „Sie reden so laut“, einem selbsterlebt klingenden Dialog zwischen einem dünnhäutigen Typen („Mir persönlich ist das viel zu emotional“) und der Texteri selbst: „Ich verstehe Sie nicht falsch. Ich könnte einfach kotzen.“ Bloß weil diese Band eingängige Pop-Songs schreibt, fühlt sie sich noch lange nicht der Heuchelei höflicher Umgangsformen verpflichtet. Im Gegenteil. „Jetzt kannst du auf alles scheißen“, singt Ulrich in „Am Boden“, „Kack in die Ecke, nichts ist widerlich / Lass uns die Wände einreißen.“ Der Sound von Bipolar Feminin mag disziplinierter geworden sein, aber ihrer Strukturkritik verleiht das bloß zusätzliche Schärfe („Putz die Zähne / Iss Salat / Struktur, Struktur, Struktur“, heißt es angewidert in „Struktur“). Die Fähigkeit der Band, zwischen kathartischen Momenten auf lauernd leise zurückzuschalten, schafft Raum für das Eingeständnis der eigenen Verwundbarkeit: „Wenn ich weine, weine ich, bis ich nichts mehr seh / Ich zeichne den Kreis, in dem ich mich dreh“ („Kreis“).

Mit „Herr Arne“ gönnen Bipolar Feminin sich sogar einen ironiefreien Tribut an den Trommler von Tocotronic: „Fick dich ins Knie, Elbphilharmonie / Hab schon lange nichts verbrannt / Reich mir die Hand, oh Arne Zank.“ Tatsächlich waren Tocotronic ein prägender Einfluss, damals, noch vor dem Umzug nach Wien, im Herkunftsort Ebensee am Traunsee: „In der eigenen Jugend waren die frühen Tocotronic-Alben von großer Bedeutung für uns“, bekennt die Band, „vor allem Wir kommen um uns zu beschweren.“ Dessen Vorgänger Digital ist besser sprach 1995 von der Sehnsucht, „Teil einer Jugendbewegung“ zu sein. Bei ihren Konzerten zeigt sich, dass Bipolar Feminin folgerichtig nicht bloß Teil, sondern Zentrum ihrer eigenen, selbst aufgebauten Bewegung geworden sind. Diese zehn Songs sind der Soundtrack dazu, gespickt mit Zeilen, die eine*n durch den vom fragilen System verschissenen Tag begleiten, von der Entfremdung („In deinem Wertesystem hab ich keinen Platz“ aus „Tüchtig“) bis zum Alternativentwurf „Leben für lau“ („Attraktive Produkte“).
Ein Album auf deiner Seite.

Veranstaltungsort

Kulturclub schon schön
Große Bleiche 60-62
55116 Mainz

Veranstalter

Kulturclub schon schön
Große Bleiche 60-62
55116 Mainz

Preise

Euro
Vorverkauf15,00

Hinweis

Die Landeshauptstadt Mainz übernimmt keine Gewähr dafür, dass die im Veranstaltungskalender auf www.mainz.de aufgeführten Veranstaltungen wie angekündigt stattfinden. Bitte informieren Sie sich beim jeweiligen Veranstalter über eventuelle Absagen oder Terminverschiebungen.