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Umwelttipp: Lebensraum Totholz

Totholz ist pulsierendes Leben. Kaum ein anderer Lebensraum weist eine vergleichbare strukturelle Vielfalt auf kleinstem Raum auf und bringt einen so großen Artenreichtum hervor. Totholz ist der Stoff für die Artenvielfalt, denn schätzungsweise sind über 8.000 Pflanzen, Tiere und Pilze auf Totholz angewiesen.

Gefährdeter Lebensraum

Über Jahrhunderte diente der Rohstoff Holz als wichtiger Energieträger und Baustoff. Die Wälder wurden intensiv genutzt und Totholz wurde kaum im Wald belassen. In Wirtschaftswäldern erreichen die Bäume nicht ihr natürliches Altersstadium, das einen hohen Totholzanteil aufweist, sondern werden vorher geerntet. Seit kurzem stehen den Bemühungen zur Förderung von Totholz wieder gewichtige Interessen entgegen. Mit der Verknappung von fossilen Energiequellen wie Erdöl und Erdgas gewinnt Holz als CO2-neutraler Energielieferant erneut an Bedeutung. Selbst Holz, das bis vor kurzem kaum gewinnbringend genutzt werden konnte und im Wald verblieb, ist nun als Rohstoff begehrt. Dies könnte viele spezialisierte Arten stark gefährden.

Hoch spezialisiert

Die Rede ist von „xylobionten“ Arten. Gemeint sind Bewohner, die im Holz leben, sich vollständig oder teilweise von Holz ernähren, komplett oder in bestimmten Entwicklungsphasen auf Totholz angewiesen sind oder die im Holz enthaltene Zellulose zum Nestbau benutzen.

Die meisten im Totholz lebenden Arten sind bei den Pilzen und den Insekten, v.a. Käfer und Hautflügler, zu finden. Bei den Insekten sind dies einerseits Arten, die sich direkt von Rinde oder Holz ernähren wie bspw. die Bockkäfer. Anderseits gibt es Insekten, die als Zweitbesiedler die von den Holzfressern geschaffenen Höhlen und Gänge für ihre eigenen Bruten benutzen, ohne sich vom Holzsubstrat selber zu ernähren. Dazu gehören z.B. einige Wildbienenarten. Verschiedene Fliegen- und Mückenlarven weiden in den Bohrgängen wachsende Pilz- bzw. Bakterienrasen ab oder ernähren sich von Mulm (zu Substrat zersetztes Holz), abgestorbenem Material und Insektenkot. Zudem sind viele räuberische und parasitierende Insekten darauf spezialisiert, sich von den im Holz lebenden Tieren zu ernähren.

Totholzentstehung, Merkmale und Bewohner

Die natürliche Zersetzung eines Baumes ist individuell und dauert Jahrzehnte bis Jahrhunderte. Bei der Entstehung von Totholz tragen alle Beteiligten dazu bei, dass die im Holz gespeicherte Energie und die Nährstoffe schneller freigesetzt werden und dem Wald wieder zur Verfügung stehen. Auf und in unmittelbarer Nähe von Totholz sind die Bedingungen günstig für Keimlinge. Totholz bietet nicht nur Lebensraum für viele Arten, sondern trägt entscheidend zu einer Naturverjüngung des Waldes bei.

Wie am Beispiel oben zu sehen ist, arbeiten bei der Entstehung von Totholz unzählige Holzbesiedler Hand in Hand. Die Zersetzungsschritte sind hintereinandergeschaltet und die Besiedlung mit Xylobionten hängt von vielen Faktoren ab. Gab es ein Sturmereignis? Steht oder liegt der Baum? Ist der Standort schattig oder sonnig? Lebt der Baum noch? Welche Arten sind die Erstbesiedler?

Nachfolgend die auffälligsten Merkmale, an denen Sie „belebtes“ Totholz erkennen.

Baumhöhlen: Voraussetzung sind Verletzungen wie z.B. Astabbrüche und Rindenschädigungen. Spechte sind aktive Höhlenbauer. In solche Initialhöhlen können verschiedene Organismen – Bakterien, Pilze und Insekten – eindringen und das Holz nach und nach zersetzen. Nachdem der Specht bereits ausgezogen ist, entstehen attraktive Quartiere für Folgebesiedler wie Vögel, Bilche, Fledermäuse und Käfer.

Rinde: Bei geschwächten oder abgestorbenen Bäumen löst sich die Rinde sichtbar ab und bietet Lebensraum für rindenbrütende Käfer (z.B. Borkenkäfer), aber auch Schlafplatz für Fledermäuse. Ein- und Ausfluglöcher in der Rinde weisen auf Bockkäfer oder Prachtkäfer hin, die in das Splintholz oder die Bastschicht der Rinde eingedrungen sind.

Mulm: Holzmulm, der aus feinem Holzsubtrat besteht, entsteht in großen Höhlen noch lebender Laubbäume durch Pilze, Käfer und Hautflügler und ist oftmals am Stammfuß sichtbar. Mulm kommt ebenfalls in Holzstubben und in Liegend-Totholz vor. Einige hochspezialisierte Käferarten, die in ihrer gesamten Entwicklung auf einen Baum als Lebensraum angewiesen sind, besiedeln den Mulm (z.B. der Eremit und der Körnerbock).

Pilzfruchtkörper: Pilze können lebendes und abgestorbenes Totholz verwerten. Sie arbeiten eher im Verborgenen. Nur ihre 2 bis 100 Mikrometer (1 Mikrometer = 0,001 Millimeter) dicken Pilzfäden durchwachsen das Holz in einem dichten Geflecht. Erst anhand von Fruchtkörpern am Baum ist die Besiedlung eindeutig zu erkennen. Der Zunderschwamm oder der Schwefelporling sind eindrucksvolle Beispiele.

Totholz ist ein Hotspot der Biodiversität. Sein enormer Artenreichtum zeigt, welches Potential in diesem Lebensraum steckt: Säugetiere, Reptilien, Amphibien, Vögel, Insekten, Spinnen- und Weichtiere uvm. Moose und Flechten siedeln sich ebenfalls sichtbar auf Totholz an. Definitiv eine Schlüsselrolle nehmen Pilze und Bakterien ein. Denn am Ende besitzen sie die enzymatischen Werkzeuge, um die Überreste des Holzes abschließend zu zerlegen.

Den Garten mit Totholz gestalten

Das o.g. Potenzial von Totholz besteht auch im eigenen Garten, wird aber häufig nicht erkannt und zu wenig erschlossen. Jedes Lebewesen, was sich in unserem Garten ansiedelt, kann ein Gewinn sein. Je naturnäher der Garten - mit einer Vielfalt an Kleinstrukturen und einheimischen Arten gestaltet - desto mehr Arten werden sich ansiedeln. Totholz erhöht hierbei die strukturelle Vielfalt.

Beschaffung: Selbst dünne Äste vom Schnitt aus Ihrem Garten eignen sich schon zur Anlage eines Reisighaufens. Meist freut sich auch Ihr Nachbar, wenn Sie ihm Grünschnitt abnehmen. Fragen Sie auf der Grünabfallanlage oder bei Baumpflegeunternehmen nach, ob sie etwas Abfallholz mitnehmen können. Oder Sie erkundigen sich beim heimischen Forstamt, ob Sie abgestorbene oder angemorschte Stämme und Äste aus Durchforstungsmaßnahmen bekommen können, um diese vor dem Häcksler zu retten. Keinesfalls sollten Sie Totholz, welches schon länger im Wald liegt dem natürlichen Standort entnehmen.

Standort und Pflege: Weichholz und schattige, feuchte Standorte beschleunigen die Zersetzung. Sie benötigen etwas Geduld, denn der Verrottungsprozess dauert. Dafür erfordert Totholz im Garten keine weitere Pflege.

Beispiele für den Einbau in den Garten:

  • Liegende Stämme z.B. als Beeteinfassung
  • Dekorative Wurzelstubben oder Stammstücke an verschiedenen Stellen platzieren, auch im Gartenteich
  • Totholzäune zur Begrenzung von Beeten, als Sichtschutz oder Grenzzaun
  • Reisighaufen
  • Hackschnitzel als Wegebelag oder Fallschutz unter Spielflächen
  • Stehende abgestorbenen Bäume oder Sträucher in der Blumenwiese
  • Senkrechte Palisaden
  • Dekorative Kunstwerke wie Weidengeflechte und vieles mehr

Je nach Standort (sonnig-schattig, trocken-nass), nach Holzart (Laub-, Nadel-, Weich-oder Hartholz), nach Struktur (Wurzel, Stamm, Borke, Rinde, Zweige, Zapfen etc.) und der Art wie das Totholz eingebaut wird (stehend, liegend, auf Haufen oder als Wälle geschichtet), lockt es ganz unterschiedliche Nutznießer an. Vor allem von liegendem Totholz profitieren Reptilien (zum Aufwärmen) und Amphibien (nutzen das feuchte Kleinklima).

Weitere Informationen

Werner David, Lebensraum Totholz, Pala-Verlag 2020

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Freitag: 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr
Jeder 1. Samstag im Monat: 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr

Erreichbarkeit

Haltestellen / ÖPNV

Haltestelle Münsterplatz:
Linien: 6, 50, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 60, 62, 63, 64, 65, 78,
80, 81, 90, 91, 653, 654, 660